Wie bist du zur Kunst gekommen?
Ich bin ohne Kunst aufgewachsen, meine Eltern kannten oder interessierten sich nicht für die Kunst. Zum ersten Mal kam ich in meiner Lehre als Mediamatiker mit der Kunstwelt in Berührung. Anfangs konnte ich es kaum ernst nehmen. Erst nachdem ich eine Blindbewerbung für das Propädeutikum in Biel eingereicht hatte – ich wusste nicht, was ich studieren wollte – hat mich diese Welt regelrecht verschluckt. Seitdem befinde ich mich in dieser Bubble.
Wie hat dir das Studium geholfen, dich als Künstler zu finden?
Vielleicht zunächst einmal: Ein Studium an sich ist überbewertet. Man kann auch ohne Kunststudium Künstler werden. Aber das Studium gibt einem die Zeit und den Freiraum, sich mit dem zu beschäftigen, was einen wirklich interessiert. Man wird ernst genommen – oder eben nicht. Man bekommt Unterstützung von anderen Künstlerinnen und Künstlern – oder auch nicht. Ich habe gelernt, mein Schaffen auf vielen Ebenen ernst zu nehmen und auch, es ständig zu hinterfragen, um immer tiefer einzutauchen. Wie in anderen Bereichen ist es in der Kunst wahrscheinlich einfach wichtig, ein Nerd zu sein und vielleicht eine gewisse Obsession für sein Schaffen zu entwickeln.
Wie hat das Propädeutikum in Biel deine Perspektive verändert?
Ein Beispiel: Früher mussten wir in der Schule etwas schön zeichnen und bekamen dann eine gute Note. In Biel jedoch versuchten wir bewusst, möglichst schlecht und hässlich zu zeichnen. Das zwang uns dazu, unsere eigene Wahrnehmung und Sozialisation zu überdenken. Während des Propädeutikums wurde mir der Boden unter den Füssen weggezogen, und das war top.
Was möchtest du mit deiner Kunst vermitteln?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich etwas Bestimmtes vermitteln möchte. Vielleicht geht es mir vielmehr darum, eine andere Wahrnehmung der Welt zu suchen. Genau zu definieren, was ich suche, fällt mir schwer. Als kunstschaffende Person ist es für mich wichtig, konstant auf der Suche zu sein. Das Warum ist für mich nicht so entscheidend wie das Wohin und das Wie. Ich finde das Erforschen und Experimentieren in meinem Schaffen sehr spannend. Im kreativen Prozess die Kontrolle zu verlieren oder in gewissen Schritten unsicher zu sein, ob die Idee noch gerettet werden kann führt oft zu überraschend interessanten Ergebnissen.
Wir werden deine neuen Werke an den Vernissagen im Herbst sehen. Kannst du ein paar Worte zu den Arbeiten sagen, die im Rahmen von art@work 2023 entstanden sind?
Im Rahmen von art@work 2023 sind sowohl Zeichnungen als auch Installationen entstanden. Wir haben in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden von ti&m ein Programm entwickelt, das es ermöglicht, den Cursor plötzlich verschwinden zu lassen und diesen Moment des Kontrollverlustes in der digitalen Welt aufzunehmen. Die Bewegungen, die im Digitalen entstanden sind, dienten als Grundlage für die Zeichnungen. Der Cursor und seine Bewegungen wurden auch zur Grundlage für weitere Arbeiten, die dann als Installationen umgesetzt wurden. Diese Schnittstelle und Übersetzung der Bewegung zwischen dem Analogen und dem Digitalen war ein zentrales Thema. Aber auch das Manipulieren von Geräten und die Steuerung von Alltagswerkzeugen haben mich lange Zeit beschäftigt und wurden zu Grundlagen für neue Arbeiten.
Du hast erwähnt, dass du gerne die Kontrolle abgibst und dich überraschen lässt. Warst du überrascht, was am Ende bei deinen Arbeiten herausgekommen ist?
Ja, ich bin überaus glücklich darüber, wie viel ich in dieser kurzen Zeit gelernt habe. Ich habe viele grossartige Menschen kennengelernt. Ich habe gelernt, wie man effizient Ideen konkretisiert. Manchmal findet man Lösungen, die nicht mit den ursprünglichen Ideen übereinstimmen, aber letztendlich überraschend unkomplizierte und interessante Ergebnisse liefern.